Auf einen Blick:
- Zuchtwertschätzung ist eine rechnerische Verknüpfung von Leistungs- und Abstammungsdaten
- Der Zuchtwert eines Tieres sagt etwas aus über seinen genetischen Wert innerhalb seiner Rasse (aktuelle Population)
- Ein Zuchtwert von 100 bedeutet, dass der züchterische Wert von diesem Tier in diesem Merkmal durchschnittlich ist
- Zuchtwerte über 100 sind züchterisch positiv zu bewerten
- Je mehr Leistungsdaten verfügbar sind, umso sicherer ist die Schätzung der Zuchtwerte
- Je höher die Sicherheit des Zuchtwertes, desto geringer das züchterische Risiko
- Züchten bedeutet: Nur die besten Tiere sollten Zuchttiere der nächsten Generation werden
- Zuchtwerte sind das wertvollste Selektionskriterium, das Züchtern zur Verfügung steht
Zuchtwerte sagen etwas aus über den züchterischen Wert eines Tieres innerhalb seiner Rasse. Im Gegensatz zu den direkt sichtbaren Leistungen des Tieres, die bisher als Selektionskriterium galten, werden zur Errechnung von Zuchtwerten die Verwandtschaftsbeziehungen eines Tieres miteinbezogen. Da verwandte Tiere genetisch ähnlicher sind als unverwandte, kann die Zuchtwertschätzung Rückschlüsse auf die Genetik der Tiere ziehen. Die messbaren Leistungen des Tieres (aus der Leistungsprüfung) sind dennoch nicht weniger wichtig: Sie werden nur um Abstammungsinformationen ergänzt. Zusätzlich werden möglichst viele Umwelteffekte, die die Leistung eines Tieres natürlich maßgeblich beeinflussen, rechnerisch berücksichtigt.
Ziel einer Zuchtwertschätzung ist immer, die Tiere innerhalb einer Zuchtpopulation (Rasse) anhand ihres genetischen Wertes zu sortieren. Die Zuchtwerte werden ausgedrückt in Punkten, wobei 100 immer den Populationsdurchschnitt darstellt. Die bessere Hälfte der Tiere hat Zuchtwerte über 100, die schlechtere Hälfte entsprechend unter 100. Eine genetische Verbesserung der Nachkommenpopulation (Zuchtfortschritt) lässt sich nur mit überdurchschnittlichen Elterntieren erreichen. Die Sicherheit einer Zuchtwertschätzung hängt von der Menge der verfügbaren Daten (sowie der Erblichkeit des Merkmals) ab. Darum sind hinter Zuchtwerten immer in Klammern die Sicherheiten in Prozent angegeben.
Ein Zuchtwert eines Tieres ist keine fixe Größe, sondern ändert sich im Laufe seines Lebens. Erstens, weil mit der Zeit mehr Informationen (Nachkommenleistungen) verfügbar sind, die Schätzungen also genauer werden. Und zweitens, weil die Tiere immer mit der aktuellen Population verglichen werden. Mit der Erreichung von Zuchtfortschritt sind die Nachkommen im Durchschnitt besser als ihre Vorfahren. Das heißt, das Niveau der Vergleichsgruppe steigt. Der Zuchtwert eines Einzeltieres sinkt dadurch über die Jahre immer etwas, man spricht von "Abschreibung von Zuchtwerten".
Ein Tier, welches heute einen überdurchschnittlichen Zuchtwert hat, kann dadurch in einigen Jahren nur mehr durchschnittlich oder sogar unterdurchschnittlich abschneiden, selbst wenn es noch immer tolle Leistung liefert. Dies ist jedoch grundsätzlich etwas positives, denn es bedeutet, die Zucht ist erfolgreich!Die Zuchtwerte werden zweimal jährlich für alle Tiere geschätzt. Außerdem werden die Zuchtwerte für Fleisch nach jeder Fleischleistungsprüfung wöchentlich berechnet und dem Züchter im Prüfbericht angegeben. Jeder Schafzüchter kann die Zuchtwerte seiner Tiere im SZ-online einsehen. Auch bei Zuchttierversteigerungen werden die Zuchtwerte im Katalog angegeben. Sie bieten dem Züchter wertvolle Informationen und sollten die Basis für Selektions- und Anpaarungsentscheidungen sein. Seitens der Zuchtverbände gibt es aktuell folgende Mindestanforderungen hinsichtlich der Zuchtwerte von Zuchttieren (siehe folgende Tabelle).
Die Zuchtwerte werden den einzelnen Züchtern als "züchterische Entscheidungshilfe" an die Hand gegeben, die damit ihre Herde gemäß des Zuchtziels formen, aber auch eigene züchterische Schwerpunkte setzen können. Züchten heißt "denken in Generationen" und mit der Zuchtwertschätzung ist nun auch bei den Schafen ein großer Schritt in Richtung Leistungszucht möglich.Erklärung Zuchtwerte auf Zuchtbescheinigungen